Nicht gesucht, aber gefunden worden


Es war am Tag nach der Beerdigung meiner Mutter, am 20. Februar 1993 um die Mittagszeit.

In einem guten katholischen Elternhaus - ohne Druck - aufgewachsen, habe ich mich als Jugendliche immer weiter vom christlichen Glauben entfernt. Schon damals war es uncool, wenn man sonntags zur Kirche ging.

Beruflicher Erfolg und ein schickes Leben waren mir wichtig, aber auch die Suche nach einem spirituellen Weg in Buddhismus und Esoterik beschäftigten mich immer wieder.

Ganz plötzlich starb meine Mutter, die für mich der wichtigste und großartigste Mensch in meinem Leben war. Mein Vater war schon fünf Jahre davor gestorben. Von meinem Mann hatte ich mich bereits getrennt, mein damaliger Freund war Atheist, und ich sehr, sehr weit vom christlichen Glauben entfernt.

Als ich am Tag nach der Beerdigung überlegte, wie ich die Zeit bis zum Abend, wenn mein Freund kommen würde, verbringen könnte, z.B. Fernzusehen, fielen mir aus „heiterem Himmel“ einfach die zwei Worte „Bibel lesen“ ein. Was war das? Ich hatte nun wirklich nicht an Gott gedacht, Ihn nicht gesucht, nicht gebetet, gar nichts.

Ich machte mich auf die Suche. Aber was sollte ich lesen? Ich versuchte es mit Psalmen und fand, was ich las, irgendwie merkwürdig. Bis heute kann ich mich nicht daran erinnern, welche Worte ich gelesen habe, aber sehr wohl an das, was mit mir geschah: Nach ein paar Minuten durchströmte mich unglaublicher, nie gekannter Friede, eine Freude, ein Glücksgefühl mitten in der Trauer.

Zwei Wochen später fand ich eine Einladung zu einem „Leben im Geist“-Seminar auf meinem Schreibtisch, die - so sagten mir meine Mitarbeiter - von einer Kundin, die ich nur vom Sehen kannte, abgegeben worden war.

Während ich die Einladung öffnete, war in meinem Herzen wie eine Stimme: „ das könnte das sein, wonach du immer gesucht hast“.

Beinahe wäre ich nicht zum ersten Seminarabend gegangen, denn öffentliche Veranstaltungen zu besuchen in dem Ort, in dem ich aufgewachsen war, war mir ziemlich unangenehm. Aber es zog mich buchstäblich wie ein Magnet dorthin. Und von da an fehlte ich keinen Abend.

Nach einigen Wochen gab es eine Gelegenheit, sein Taufversprechen zu erneuern und sein Leben Jesus anzuvertrauen. Ich wusste, dass ich diese Worte nicht aus tiefster Überzeugung sagen könnte, aber ich traf eine Entscheidung: „Gott, wenn es dich gibt, weißt du, dass ich diese Worte nicht ehrlichen Herzens sprechen werde. Aber ich will es ausprobieren mit Dir. Ich werde ja merken, ob es dich gibt, darum spreche ich sie.“ Das war so eine Art Wette.

Ab dem nächsten Tag war ich ungefähr ein dreiviertel Jahr in einem Dauer-Verliebt-Zustand!

Ich hatte eine Freude, dass ich hätte hüpfen können, und habe es manchmal getan, wenn mich keiner sah. Es war eine Freude und auch ein Frieden in mir, die ich noch nie zuvor erlebt hatte.

Ich wusste mich als die verlorene Tochter, die wieder heimgekehrt ist ins Vaterhaus.

Jesus hatte mich, das verirrte Schaf, gesucht und zurückgebracht.

Irgendwann kam ich auch wieder auf dem Boden meines Alltags und all dessen, was in meinem Leben bisher nicht so gut gelaufen war. Das war ziemlich „Aua“: Zeiten innerer Kämpfe und schrittweise, langsame Versöhnung mit meiner Vergangenheit.

Aber auch darin war Er da: ab dem ersten Tag in meinem neuen Leben mit Jesus durfte ich immer, wirklich immer, das wunderbare Gefühl der Geborgenheit in meinem Innern spüren. Ich wusste mich - obwohl alleinlebend - nie allein.

Jesus hat mich durch sämtliche Schwierigkeiten, innerliche und äußerliche, durchgetragen und mich von alten Bindungen und Mustern befreit.

Gerade in den schwierigen Zeiten, wenn ich an Ihm hing wie an einem dünnen Rettungsseil, das aber nie riss, haben mein Vertrauen, mein Glaube und die Beziehung zu Ihm an Tiefe und Kraft gewonnen.

Besonders Sein Wort - die Bibel - ist mir in diesen Zeiten Quelle des Trostes, der Ermutigung und Seiner Führung geworden. Und der Heilige Geist schenkt die Kraft für alles.

Und es gab auch so viele glückliche Momente mit Ihm, wo Er mir „Erholung in seiner Gegenwart“ schenkte. Und ich wusste: Er war und ist immer da.

Freiheit war immer ein besonders hohes Gut für mich. Nie hätte ich mir früher vorstellen können, dass die eigentliche, wahre Freiheit tatsächlich in Gott zu finden ist. Mit Jesus wurde mein Leben erst richtig lebendig, spannend, voller Überraschungen, und angefüllt mit dieser Freude, die sonst niemand geben kann. In einem Lied heißt es „er hat mich heil und frei gemacht“, das kann ich aus tiefstem Herzen sprechen und singen.

Wieder zu Jesus zu finden, ist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist.

Rosina Wagner