Durch Zweifel und Fragen zum lebendigen Glauben
Pfarrer Willi Huber ist von Anfang an Mitglied der Gemeinschaft Neuer Weg.
Er erzählt von seinem persönlichen Weg zum Glauben.
Mir ist es nicht immer leicht gefallen, zu glauben, dass es Gott gibt. Ich hatte in der Oberstufe Mathe- und Physik-Leistungskurs belegt und dann später Mathematik und Informatik studiert. In meiner Überzeugung gab es nur die Sachen, die man auch anfassen konnte. Philosophisch würde man sagen, ich war Materialist: Materie ist das Einzige, das es gibt, und sonst gibt es nichts.
Immer mehr war es für mich dann auch ein Problem zu beten. Ich dachte: „Wenn ich bete und Gott um etwas bitte, dann bin ich am Ende in der Gefahr mir einzubilden, dass er mich hört oder dass er mir geholfen hat, obwohl das doch gar nicht stimmt.“ Meine Vorstellung, die ich dabei hatte, war: „Da beißt sich die Katze in den Schwanz.“ So habe ich das damals formuliert.
Sag doch Gott, dass du nicht an ihn glauben kannst ...
Nach einem christlichen Konzert unterhielt ich mich mit einem jungen Ehepaar. Ich schüttete den beiden gegenüber mein Herz aus: „Ich kann nicht an Gott glauben.“ Sie antworteten: „Sag doch Gott, dass du nicht an ihn glauben kannst.“ Ich fand den Rat abwegig und dachte wieder: „Da beißt sich die Katze ….“ Die beiden hatten ein Gegenargument: „Wenn du schwimmen lernen möchtest, dann musst du ins Wasser springen. Auf dem Trockenen wirst du das Schwimmen nie lernen. Sag doch Gott, dass du nicht an ihn glauben kannst.“
Dieser Vorschlag hat mich nicht überzeugt, aber auch nicht losgelassen. Eines Tages saß ich in meinem Zimmer an meinem Schreibtisch und dachte darüber nach. Vor mir lag mein Terminkalender. Da kam mir der Gedanke: „Was ist, wenn ich es in halbes Jahr ausprobiere.“ Und nach einem halben Jahr schreibe ich groß und rot in den Kalender: „Experiment zu Ende.“ So kann ich ausprobieren, mit Gott zu leben, ohne dass ich mich in etwas verrenne. In einem halben Jahr wird der Kalender mich aus allen Illusionen reißen.
Ein halbes Jahr Experiment
Das habe ich dann so gemacht. Ich habe ein halbes Jahr so gebetet, als ob es Gott gibt, so geglaubt, als ob es Gott gibt, und bin auch so in die Kirche gegangen, als ob es Gott gibt. Dieses halbe Jahr war möglicherweise das wichtige halbe Jahr in meinem Leben. Drei Dinge haben mich zur Überzeugung gebracht: Es gibt Gott und er ist mir nahe.
Zunächst wurde ich in diesem halben Jahr von unserem Pfarrer zu einer Gebetsgruppe eingeladen. Ich bin hingegangen und habe dort auch an einem „Leben im Geist Seminar“ teilgenommen. Ich erinnere mich noch an den Abend, an dem wir Teilnehmer uns persönlich segnen lassen konnten. Ein Ehepaar betete für mich. Nichts Außergewöhnliches ist dabei geschehen und doch erinnere ich mich, dass ich danach immer wieder gesagt habe: „Jetzt weiß ich, wer der Heilige Geist ist. Er ist die Liebe von Gott.“
Ein zweiter Baustein waren meine Erfahrungen mit dem Gebet. Immer wieder hatte ich den Eindruck, Gott hat mich erhört. Manchmal mit mehr Zweifeln, manchmal mit weniger.
Das hat mein Weltbild verändert
Das Dritte: In meinem Denken gab es damals keine Wunder. Die Wunder in der Bibel waren für mich nur symbolische Erzählungen. Bis eines Tages unser Pfarrer von einer Wallfahrt nach Lourdes nach Hause kam. Er war überwältigt, dass er dabei sein durfte, als ein gelähmter Mann nach der Feier der Krankensalbung aus dem Rollstuhl aufgestanden ist und auf der Altarinsel tanzen konnte.
Das hat mein Weltbild verändert. Ich habe begonnen, mich mit dem Thema „Heilung“ zu beschäftigen und habe auch selber eine Heilung miterleben dürfen.
Alle drei Erfahrungen zusammen gaben mir eine erste Gewissheit über Gott, so dass ich sicher war: Das „Experiment“ ist geglückt. Die Katze hat sich doch nicht in den Schwanz gebissen!
Das war für mich der Anfang eines intensiven Lebens mit Gott. Seither sind viele Jahre vergangen. Gott hat mir meine Berufung gezeigt, Priester zu werden, und die Gewissheit ist weiter gewachsen, dass Gott mich persönlich kennt, liebt und führt.
Egal, ob Sie Gott schon sehr nahe sind oder ob Sie zweifeln, ob es ihn überhaupt gibt. Er lädt Sie ein, nach ihm zu suchen. Ein Weg dazu sind die Seminare, die unsere Gemeinschaft regelmäßig anbietet.
Für mich waren solche Seminare der Weg zum lebendigen Glauben und es ist immer wieder eine großartige Erfahrung, wenn ich miterleben darf, wie Menschen Gott näher kommen.
Pfarrer Willi Huber